2021: Gesundheitszentrum
Anfang 2020, kurz nach Rückkehr unserer Arbeitsgruppe nach Deutschland, wurde hier bei uns der erste Coronafall bekannt. Trotz verschiedener Maßnahmen kam es zu einer weltweiten Pandemie.
Auch in Guinea versuchte man die Auswirkungen einzudämmen. Man verordnete insbesondere Reisebeschränkungen ins Land und im Land. Bei den Gegebenheiten des täglichen Lebens waren die Abstandsregeln nur schwer oder gar nicht einzuhalten.
Die Leiterin unseres Gesundheitszentrums war kurz vor diesen Maßnahmen in die Hauptstadt Conakry gefahren, um dort wichtige Angelegenheiten zu regeln. Wegen des Lockdowns konnte sie über geraume Zeit nicht nach Dow-Bodié zurückreisen. Andere qualifizierte Mitarbeiter vor Ort übernahmen die Behandlung der Patienten.
Suchten vor der Pandemie täglich etwa 80 Patienten das Gesundheitszentrum auf, so gingen die Zahlen mit Beginn der Pandemie auf die Hälfe zurück.
Die Menschen befürchteten bei einem Besuch des Zentrums, dass bei ihnen Corona diagnostiziert werden könnte. Da in Dow-Bodié, wie im übrigen Land, keine Tests zur Verfügung standen, waren sichere Diagnosen nicht zu stellen.
Aus verschiedenen Gründen wurden die Reisebeschränkungen in Guinea nach einiger Zeit eines strengen Lockdowns gelockert. Die Leiterin des Gesundheitszentrums konnte nach Dow-Bodié zurückkehren. Sie nahm bei der Rückkehr wichtige Medikamente mit, die wir kurz zuvor mit DHL nach Conakry geschickt hatten.
Frau Djiwo Diallo, unsere Vertreterin und Repräsentantin in Guinea, hielt täglich telefonischen Kontakt zu den Mitarbeitern vor Ort und besorgte, so gut es ging, Medikamente und Material.
Nach anfänglichem Zögern kamen die Kranken wieder in großer Zahl ins Gesundheitszentrum.
Manche Medikamente und Materialien wurden knapp, waren pandemiebedingt nicht zu bekommen, auch hier in Deutschland nicht. Nur schleppend kam der Nachschub in Gang. Die Mitarbeiter in Dow-Bodié hielten stand und behalfen sich mit den verfügbaren Mitteln. Zu Beginn der Pandemie wurde im Gesundheitszentrum ein Hygienekonzept erarbeitet, das bis heute durchgeführt wird. So gibt es viele Wasserbehälter zum Händewaschen und Desinfizieren, die Temperatur der Patienten wird gemessen, die Mitarbeiter sind mit Handschuhen und Masken ausgestattet.
Als der Flughafen wieder geöffnet wurde, konnten wir wieder Medikamente und Material schicken. Auch wenn die Luftfracht Mehrkosten verursachte, waren wir froh, dass wir auf diesem Weg dringend benötigte Hilfsgüter nach Dow-Bodié bringen konnten.
Im Juli 2020 starb Dr. Selou Baldé an den Folgen einer Coronainfektion. Dr. Baldé war uns und unserem Projekt sehr verbunden. Er war Kinderarzt und leitete zuletzt in Conakry die Abteilung für mangelernährte Kinder. Er hatte in Deutschland studiert und in Homburg/Saar seine Facharztausbildung absolviert. Den ersten Kontakt hatte unser Vereinsmitglied Heike Ritter mit Dr. Baldé. Sein Tod ist ein großer Verlust für uns, seine Patienten und die Mitarbeiter seiner Klinik.
Anfang des Jahres 2021 kam es neben Corona im Süden des Landes zu einem erneuten Ebola-Ausbruch. Auf die ersten Fälle reagierten die Behörden rasch. Unter anderem wurde mit Hilfe der WHO eine Impfkampagne gestartet, sodass die Erkrankung bald eingedämmt werden konnte.
Im Oktober 2021 begannen 16 Mädchen aus dem Collège von Bodié ihre dreijährige Ausbildung zu Schwesternhelferinnen mit erweiterten Kompetenzen in Labé. Die Ausbildung wird über eine Spende der Scarlatti-Stiftung mit jährlich 10.000 Euro für drei Jahre ermöglicht. Zweck dieser Stiftung ist die internationale Förderung von Frauen auf allen Gebieten, vor allem im Bereich der Künste, Wissenschaften und der Publizistik.
Der Stiftungszweck wird insbesondere verwirklicht durch Stipendien für Bildung und Forschung, ... durch Zuwendungen an hilfsbedürftige Frauen und andere gemeinnützige Stiftungen im In- und Ausland, welche denselben Zweck verfolgen.
Der Kontakt zur Stiftung wurde durch unser Vereinsmitglied Sebastian Lange vermittelt.
Die Durchführung dieses Vorhabens musste natürlich minuziös vorbereitet werden.
Unsere Vertreterin Djiwo Diallo führte die notwendigen Gespräche mit den potentiellen Schülerinnen, deren Eltern und auch dem Direktor des Collèges.
Die Bedingungen während der Ausbildung wurden vertraglich festgehalten.
Eine Teilnahme wurde zum Beispiel an die Bedingung geknüpft, während der dreijährigen Ausbildung nicht zu heiraten. Dies ist in Guinea bei weitem keine Selbstverständlichkeit. Die Frühverheiratung im Alter von 12 bis 14 Jahren ist vielerorts die Regel.
In Labé wurde ein Haus gemietet, in dem die Auszubildenen als Wohngemeinschaft während der Ausbildung leben können. Da die meisten Mädchen noch minderjährig sind, wurde eine erfahrene „WG-Mutter" eingestellt. Sie sorgt für die täglichen Mahlzeiten, hält das Haus in Ordnung und nimmt - wie der Name sagt - auch anderweitige mütterliche Aufgaben wahr.
Ein Medizinstudent aus Conakry hat sich seit Jahren für unsere Arbeit in Dow-Bodié interessiert.
Vor allem hat er unser Team während der Arbeitseinsätze als Nachtwache im Aufwachraum tatkräftig unterstützt. Jetzt hat er das Medizinstudium und seine Promotion abgeschlossen und seine Approbation erhalten. Gerne würde er eine fundierte Weiterbildung durchlaufen.
Der Bruder unseres Vereinsmitgliedes Markus Ritter hat unserem Verein eine zweckgebundene Zuwendung übertragen. Teile der Zuwendung können jetzt die Weiterbildung unseres guineischen Kollegen sichern. Er wird seine Weiterbildung zum Gynäkologen in einem frankofonen afrikanischen Land absolvieren.
Wir freuen uns sehr, dass verschiedenen Personen eine Weiterbildung ermöglicht werden kann.
Fotos:
Desinfektions-Kit vor dem Gesundheitszentrum. Schülerinnen der Krankenpflegeschule mit unserer Vertreterin Frau Djiwo Diallo, der "WG-Mutter" und anderen. Schülerinnen in Aktion.